Talente finden binden

Vier praxisnahe Tipps zur Förderung emotionaler Intelligenz im Team

Oft begegnet uns das Schlagwort emotionale Intelligenz (EQ) im Unternehmenskontext wie ein abstraktes Buzzword – eine HR-Initiative oder Management­modeerscheinung, die schnell wieder verglüht. Und doch: Die tatsächlichen Fähigkeiten – das Wahrnehmen der eigenen Emotionen, das Verstehen ihrer Wirkung auf andere und das angemessene Reagieren – sind essenziell für erfolgreiche Zusammenarbeit und gesunde Organisationskultur. 

Der entscheidende Unterschied besteht darin, nicht theoretisch über EQ zu reden, sondern sie praktisch zu üben. Nachfolgend vier greifbare Wege, wie Sie als Führungskraft oder Coach EQ im Alltag Ihres Teams fördern können.

1. Auf beobachtbare Verhaltensweisen fokussieren – nicht auf abstrakte Konzepte

Statt zu fordern, jemand möge „seine emotionale Intelligenz entwickeln“, empfiehlt es sich, konkret und situationsbezogen zu sein. Zum Beispiel:

„Mir ist aufgefallen, dass du während des Kunden­calls ziemlich frustriert gewirkt hast. Was war da los bei dir?“

So öffnen Sie eine Tür zur Selbstreflexion – ohne gleich das Label „EQ“ an die Wand zu malen. Reale Beobachtungen lassen sich unmittelbar besprechen, und die Person kann selbst erkennen, was sie im nächsten Schritt anders machen will.

2. Helfen Sie, eigene Muster zu erkennen

Emotionale Selbststeuerung („Self-regulation“) funktioniert am besten, wenn jemand eigene Muster entdeckt. Statt Vorwürfen („du musst deine Emotionen managen“) empfiehlt sich eine Fragestellung wie:

„Ich habe bemerkt, dass du manchmal direkt reagierst, ohne einen Moment nachzudenken – dann wirkst du möglicherweise eher ärgerlich oder konfrontativ. Ist dir das bewusst?“ 

Auf diese Weise fühlt sich Selbstreflexion nicht wie ein psychologischer Vortrag an, sondern wie ein handwerkliches Instrument zur Selbstoptimierung im Arbeitsalltag.

3. Empathie durch Echtzeit-Feedback lehren

Wenn Interaktionen „nicht rund laufen“, hilft es, direkt darauf hinzuweisen – und zwar konkret:

„Sarah wirkte unwohl, als du ihre Präsentation unterbrochen hast. Hast du das bemerkt?“ 

So entwickeln Teammitglieder ein Gespür für die Wirkung ihres Verhaltens auf andere – nicht durch abstrakte Begrifflichkeiten, sondern anhand realer Szenen. Empathie wird so zu einem greifbaren Lernfeld.

4. Zeigen Sie das Verhalten, das Sie sehen wollen

Das Motto lautet: Show, don’t tell. Wenn Sie selbst gestresst sind, könnten Sie sagen:

„Ich fühle mich etwas überfordert mit der Deadline, daher nehme ich mir jetzt zehn Minuten Zeit, um unsere Optionen zu durchdenken, bevor wir eine Entscheidung treffen.“ 

Wenn Ihnen ein Fehler unterläuft, zeigen Sie, wie man damit umgeht:

„Ich war in dem Meeting ungeduldig und habe deine Idee abrupt unterbrochen. Das war nicht fair – entschuldige mich bitte dafür.“ 

Solches Verhalten schafft Vertrauen und erleichtert es Teammitgliedern, selbst einen reflektierteren Umgang mit eigenen Emotionen und Impulsen zu erproben.

Warum gerade dieser praxisorientierte Zugang wirkt

  • Weniger Theorie, mehr Praxis: Menschen sehen den Wert eher, wenn sie emotionale Kompetenz als praktisches Handwerkszeug erleben, nicht nur als weiche Soft Skill-Rhetorik.

  • Förderung von Selbstwirksamkeit: Wer eigene Verhaltensmuster erkennt und ausprobiert, erlebt, dass er Einfluss auf das eigene Verhalten und dessen Wirkung nehmen kann.

  • Stärkung von Vertrauen und Transparenz: Wenn Führungspersonen offen über den eigenen emotionalen Umgang sprechen und eigene Fehler eingestehen, entsteht ein Klima, in dem Lernen aus emotionalen Erfahrungen möglich wird.

Im Zentrum steht also nicht, erzwungen zu werden, „emotional intelligent zu sein“, sondern zu lernen, sich selbst und andere achtsam und wirkungsvoll wahrzunehmen und darauf zu reagieren.

Wie Sie weiter vorgehen können

  1. Schauen Sie sich eine konkrete Situation aus Ihrem Alltag an – etwa ein Meeting, eine Konfliktsituation oder einen Kunden­kontakt. Wählen Sie eine Beobachtung aus (Tipp 1).

  2. Formulieren Sie eine Frage, mit der Sie ein Muster aufspüren können (Tipp 2).

  3. Geben Sie sich selbst in einer ähnlichen Situation Feedback – am besten in Echtzeit und mit Fokus auf Ihre Wirkung auf andere (Tipp 3).

  4. Probieren Sie vor, wie Sie das Verhalten modellhaft leben könnten (Tipp 4). Sagen Sie z. B.: „Ich nehme mir jetzt kurz Zeit, um meine Gedanken zu ordnen, bevor ich antworte.“

Wenn Sie möchten, können wir basierend auf diesem Ansatz eine Workshop-Reihe entwickeln oder konkrete Reflexionsübungen erarbeiten, die Sie mit Ihrem Team durchführen.